Montag, 29. September 2008

10. und letzter Bericht aus der Neuen Welt

Ihr Lieben, liebe Freunde,

wie unser erster Bericht so kommt auch der letzte aus Buenos Aires, unserem Ankunfts- und Abflugsort in Südamerika:
Von Arica (Nordchile) aus durchquerten wir noch einmal die Atacamawüste, um dann über den Paso de Jama nach Argentinien zu gelangen. Die Fahrt über den Altiplano und hinunter ins Purmamarca-Tal war keineswegs langweilig, auch wenn wir die Strecke in umgekehrter Richtung ja schon kannten. In der Gegenrichtung sieht die Landschaft ganz neu und unbekannt aus und ist genau so faszinierend wie beim ersten Mal. Vor allem die in der Nachmittagssonne in intensiven Farben leuchtenden Felsen im Purmamarca- Tal begeisterten uns aufs neue. Nachdem wir unterwegs noch die letzten Souvenirs gekauft hatten, erreichten wir wieder Salta, wo wir vorsichtshalber das Womo noch einmal durchchecken ließen – erfreulicherweise war alles in Ordnung.
Dann ließen wir die Anden endgültig hinter uns und fuhren quer durch Nordargentinien nach Osten. Der Frühling fing an, blühende Bäume und erstes frisches Grün erfreuten unsere Augen. Schon nach wenigen Tagen erreichten wir die Provinz Misiones, benannt nach den Jesuitenmissionen, die hier im frühen 17. Jhdt. errichtet wurden. Nach der Vertreibung der Missionare verfielen sie wieder und wurden vom Urwald überwuchert, der hier im Nordosten Argentiniens auch heute noch existiert. Allerdings nicht mehr in seiner ursprünglichen Ausdehnung, da größere Flächen abgeholzt und durch schnell wachsende Kiefernwälder für die Papierindustrie ersetzt wurden. Einige der Missionsansiedlungen wurden freigelegt, teilweise restauriert und können besichtigt werden.







Einen landschaftlichen Höhepunkt Südamerikas hatten wir uns bis zum Ende der Reise aufgehoben: die Wasserfälle von Iguazu. Sie liegen im äußersten Nordosten Argentiniens an der Grenze zu Brasilien und Paraguay in einem Urwaldgebiet, das zum Nationalpark erklärt wurde. Der Park ist gut und ökologisch behutsam erschlossen, Stege führen durch den Wald bis dicht an die Fälle heran – es sollen über 200 Einzelfälle sein - , man kann alles gut sehen und fotografieren. Ein 1 km langer Holzsteg führt über mehrere kleine Inseln bis zur „Garganta del Diablo“, der Teufelsschlucht, wo der Rio Iguazu von drei Seiten unter mächtigem Getöse in die 80 m tiefe Schlucht stürzt – ein unglaubliches Schauspiel!







Wir haben die Urgewalt des Wassers aber nicht nur bestaunt, sondern sie hautnah am eigenen Leib bei einer kombinierten Jeep-Bootstour erfahren. Dass es dabei richtig zur Sache gehen würde, ahnten wir schon, als wir lasen, dass Schwangere und gebrechliche Personen nicht mitgenommen würden. Als dann beim Einsteigen ins Boot wasserdichte Packsäcke verteilt wurden und beim Ablegen ein fröhliches „Have a nice shower!“ ertönte, waren wir froh, dass wir dünne Regenponchos angezogen hatten. Schon von weitem hörte man das Donnern der Wassermassen und dann bot sich zunächst ein breiter Panoramablick auf die in dichten Gischtnebel gehüllten Fälle.








Das Boot blieb zunächst zum Fotografieren in respektabler Entfernung, doch dann – ich hatte gerade noch Zeit, den Fotoapparat im Packsack zu verstauen – gings mitten rein in die Gischt: unten brodelndes, schäumendes Wasser, von oben Sturzbäche. Die Passagiere juchzten und kreischten – ich glaube, wir auch - , und trotz Regenschutz wurden wir ziemlich nass. Aber kein Problem, es war warm und wir waren schnell wieder trocken. Ein grandioses Erlebnis!! Bei der anschließenden Wanderung am Fluss entlang durch den Urwald konnten wir Hunderte wunderschöner Schmetterlinge in vielen Farben und Formen beobachten, eine Horde Kapuzineraffen sprang von Baum zu Baum und ein Kaiman sonnte sich auf einem Felsen im Fluss.








Auf dem Weg zurück nach Buenos Aires besuchten wir ein weiteres südamerikanisches Land, nämlich Uruguay. Es präsentierte sich uns als ein ländlich gemütliches und ruhiges kleines Land, unspektakulär aber völlig stressfrei. Neben ausgedehnten Anbauflächen von Getreide und Gemüse gibt es viel Weideland für die Viehzucht, ähnlich wie Argentinien ist Uruguay Rindfleischproduzent. Vereinzelte Gehöfte zwischen Feldern und Weiden und kleine verschlafene Orte erinnerten uns ein wenig an das Münsterland.
Im Westen Uruguays gibt es mehrere Thermalbäder, dort machten wir 8 Tage „Seniorenurlaub“: täglich relaxen in den badewasserwarmen Becken mit Massagedüsen, lesen und faulenzen.


Hier trafen wir auch wieder etliche deutsche Womo-Reisende, es wurde geklönt und gegrillt und Reiseerlebnisse und Tipps wurden ausgetauscht. Große touristische Attraktionen hat Uruguay nicht zu bieten, doch die Städte Colonia del Sacramento und Montevideo im Süden des Landes am Ufer des Rio de la Plata sind einen Besuch wert. In Colonia lohnt die Besichtigung der Altstadt mit alten portugiesischen Häusern umgeben von einer dicken Stadtmauer mit Bastionen.


Vom Leuchtturm, der mitten in die Ruinen eines Klosters gebaut wurde, konnten wir jenseits des Rio de la Plata die Skyline von Buenos Aires sehen.



Auch Montevideo, die Hauptstadt und absolutes Zentrum des Landes (ca. ein Drittel der Bevölkerung lebt hier) war ziemlich ruhig und ohne Hektik.





Heinz Rühmanns „Haus in Montevideo“ haben wir zwar nicht gefunden, aber den Mercado del Puerto. Das ist ein altes Bahnhofsgebäude am Hafen voller Grillrestaurants mit ganz besonderer Atmosphäre. Auf großen offenen Grills brutzeln Fleischstücke, Würste, auch Innereien und ganze Paprikaschoten. Riesige Fleischportionen werden serviert, die man an Tischen oder direkt an der Theke sitzen verzehrt. Die gemischte Grillplatte für 2 Personen hätte ausgereicht, 2 Familien satt zu machen, so begnügten wir uns mit gegrilltem Lamm und etwas Salat.



Eine freudige Überraschung war das unerwartete Wiedersehen mit Nicol und Renato, den beiden Schweizern, mit denen wir unsere Reise im Hamburger Hafen begonnen hatten. Doch während wir Richtung Heimat aufbrachen, setzten sie nach einem 4-monatigem Heimaturlaub ihre Reise durch Südamerika fort. Wie andere Paare auch, die wir unterwegs trafen, beabsichtigen sie, mehrere Jahre durch die beiden Amerikas zu reisen. Im Gegensatz dazu gehören wir mit nur einem Jahr zu den sogenannten „Kurzzeit“(!)-Reisenden.






Etwas Stress hatten wir mit der Rückverschiffung unseres Wohnmobils. Seit Ende Juni versuchten wir mehrmals bei der Agentur in Buenos Aires den Transport für Mitte September zu buchen. Doch erst knapp 3 Wochen vor der geplanten Abfahrt des Schiffes erhielten wir die Buchungsbestätigung. Gott sei Dank hatten wir unseren Rückflug für den 1,Oktober gebucht, denn bei Ankunft in Buenos Aires teilte uns die Agentur mit, dass die Abfahrt des Schiffes sich auf den 28. September verschoben habe. Daher verbrachten wir noch 2 Wochen in einem Naherholungsgebiet 100 km südwestlich von Buenos Aires an einem See, wo wir uns in aller Ruhe auf die Heimreise vorbereiten konnten.




Nachdem wir nun den ganzen Papierkram in der Agentur, beim Zoll und beim Schiffsterminal erfolgreich hinter uns gebracht und das Womo im Hafen abgeliefert haben, bleiben uns noch ein paar Tage bis zum Abflug, die wir nutzen, um Buenos Aire kennen zu lernen. Es wird oft das „Paris Südamerikas“ genannt und dieser Vergleich erscheint mir durchaus zutreffend. Jetzt, wo wir in Ruhe bummeln können, offenbart sich uns der Charme dieser Stadt. Stuckverzierte Fassaden und moderne Glaspaläste, breite Boulevards, enge Gassen uns gepflegte Parkanlagen und der reizvoll restaurierte Puerto Madero, der ehemalige Holzhafen – Buenos Aires ist eine der wenigen Großstädte, die uns gefällt.








Im Stadtteil San Telmo gibt es viele schöne Antiquitätenläden und jeden Sonntag findet ein interessanter Flohmarkt statt. Leider war dieser Sonntag einer der wenigen Regentage, wodurch das Vergnügen ein wenig getrübt wurde. Ein ungetrübtes Vergnügen ist es, den Tangotänzern in der Fußgängerzone zuzuschauen. Hier in der Stadt, in der der Tanz erfunden wurde, ist die Tangoszene nach wie vor sehr lebendig. Es gibt Tangoshows und –schulen und Läden, in denen die Musik und die dazu passende Tanzkleidung verkauft wird.







In wenigen Tagen werden wir Südamerika nach einem erlebnisreichen Jahr wieder verlassen. Wir nehmen die Erinnerung an großartige Landschaften und freundliche Bewohner mit, wir freuen uns darüber, interessante Menschen – Reisende wie wir – getroffen und neue Freunde gewonnen zu haben. Und wir sind dankbar, dass wir all das bei guter Gesundheit erleben durften. Es war ein Superjahr – und doch freue ich mich jetzt sehr darauf, wieder nach Hause zu kommen (Werner wäre auch noch länger geblieben!), Verwandte und Freunde zu treffen und endlich die Kinder und Enkelkinder wiederzusehen.

Ab dem 2. Oktober sind wir wieder in Havixbeck zu erreichen.

Zum letzten Mal liebe Grüße aus der Neuen Welt

Werner und Maite