Sonntag, 18. Mai 2008

7. Bericht aus der Neuen Welt





Ihr Lieben, liebe Freunde,

seit unserem letzten Bericht waren wir in 4 Ländern: Von Nordargentinien gings noch einmal nach Chile, es folgte ein kurzer Abstecher nach Bolivien und jetzt sind wir in Peru (Cusco).

Von Salta in Nordwest-Argentinien starteten wir zur ersten richtig hohen Andenüberquerung über den Paso de Jama mit 4600 m Höhe. Da wir über die gesundheitlichen Probleme, die in solchen Höhen auftreten können, informiert waren, wollten wir alles tun, um möglichst ungeschoren davon zu kommen. Also erste Akklimatisierung über 3 Tage in 2400 m Höhe in einem netten kleinen Dorf in wundervoller Berglandschaft (Werner musste noch eine Bronchitis auskurieren),







zweite Akklimatisierung in 3700 m Höhe, wo leichte Symptome von Höhenkrankheit auftraten (Kopfschmerzen, Atemnot, Schwindel, Benommenheit), die wir mit Cocatee bekämpften. Cocablätter kann man hier überall legal auf den Märkten kaufen. Das Überfahren der Passhöhe war dann kein Problem mehr. Der längere Aufenthalt in der Höhe – z. B. über Nacht – verursacht die gesundheitlichen Schwierigkeiten, ein kurzes Hochfahren und gleich wieder Runterfahren bleibt meistens ohne Folgen.
Die atemberaubende Landschaft entschädigt außerdem für alle Wehwehchen: Der Altiplano, eine Hochebene in 3500 bis 4000 m Höhe, überspannt von einem endlosen blauen Himmel, die schneebedeckten Gipfel der Andenkordillere am Horizont, grellweiße, ausgetrocknete Salzseen – Werner meinte, man könne sich regelrecht „besoffen“ sehen. Auch die ersten Vicunjas, die zierlicheren und eleganteren Verwandten der Guanakos tauchten auf.









Die Grenze zu Chile befindet sich in ca. 4200 m Höhe. Auf der Westseite der Anden gings dann runter in die Atacama-Wüste nach San Pedro de Atacama, einem malerischen kleinen Ort aus Adobe Häusern (Lehmziegel) in einer Flussoase. Wir besuchten einen Salzsee, auf dem 3 Flamingoarten und andere Wasservögel leben, besichtigten eine Festungsanlage aus vorinkaischer Zeit und beobachteten den Sonnenuntergang im Valle de la Luna.








Dann überquerten wir die Küstenkordillere, die steil zum Meer hin abfällt und von der Seeseite wie eine riesige 600m hohe Düne aussieht. Auf dem schmalen Küstenstreifen verläuft die Straße nordwärts, über Hunderte von Kilometern immer durch die Wüste. Die Atacama soll die trockenste Wüste der Welt sein und tatsächlich sahen wir über fast 2 Wochen nicht den kleinsten Grashalm außerhalb der wenigen Dörfer und Städte, die wir passierten.
Schön und gepflegt sind die nordchilenischen Städte Iquique und Arica. Die Stadtzentren sind mit Palmen, Kakteen, grünen Rasenflächen und blühenden Blumen bepflanzt, die täglich von städtischen Angestellten mit langen Schläuchen bewässert werden. Doch die ärmeren Viertel am Stadtrand liegen schon wieder in der Wüste.



In Iquique



Hafen von Iquique




In Arica

In Arica, der nördlichsten Stadt Chiles, hielten wir uns einige Tage auf und feierten dort auch Werners 70. Geburtstag. Über die vielen, vielen Emails hat er sich riesig gefreut. Vielen Dank nochmals an alle Gratulanten. Das Internet ist doch eine tolle Erfindung, und wir staunen immer wieder darüber, dass es in jedem noch so kleinen und abgelegenen Kaff eine Handvoll Internetzugänge gibt.


Von Arica aus erfolgte unsere zweite Andenüberquerung in großer Höhe, allerdings in 2 Anläufen. Wir wollten den Lauca Nationalpark besuchen, der zwischen 4000 und 4500 m Höhe im Nordosten Chiles an der Grenze zu Bolivien liegt. Das Problem ist, dass der einzige Ort zum Übernachten das Dorf Putre in 3500 m Höhe ist, den die steil ansteigende Straße von Arica (auf Meereshöhe) bereits nach 150 km bzw. 4 Stunden Fahrzeit erreicht.


Blick auf Putre

Vorsorglich kauften wir an einer Tankstelle ein paar kleine Flaschen mit Sauerstoff und zunächst schien alles gut zu gehen – bis auf leichte Kurzatmigkeit und etwas Benommenheit keine Probleme. Wir nahmen viel Flüssigkeit zu uns, tranken fleißig Cocatee, aßen nur eine leichte Mahlzeit (Alpakabraten mit Reis) und hatten noch ein nettes Erlebnis mit den dörflichen Behörden: Im Reiseführer wird die Tourist Info von Putre als freundlich und hilfsbereit beschrieben, was beides zutraf, doch mit Informationen über den Nationalpark konnte die nette Dame nicht dienen. Außer einem jämmerlichen Faltblatt gab es nichts. Als wir ihr unsere chilenischen Turistel- und Nationalparkführer zeigten, bekam sie Glanz in den Augen und fragte, ob sie sich die entsprechenden Seiten fotokopieren dürfe. Claro, no problema. In der Gemeindeverwaltung, wo der Fotokopierer stand, lief gerade die Liveübertragung des UEFA Cup Spiels Bayern München gegen St. Petersburg – während der Arbeitszeit im Büro!! Wir wurden herzlich eingeladen, doch zuzuschauen. Da es ein gutes und sehr spannendes Spiel war, war das wie ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk für Werner.
Nachts bekam ich dann doch Kopfschmerzen, Cocatee und Sauerstoff halfen etwas, doch wir beschlossen, noch einen weiteren Tag zur Höhenanpassung in Putre zu bleiben. Doch es funktionierte leider nicht. In der folgenden Nacht wurden Kopfschmerzen und Übelkeit so schlimm, dass wir im Morgengrauen wieder runter nach Arica fahren mussten. Mit abnehmender Höhe besserte sich mein Zustand kontinuierlich. Das Medikament, das man mir in der Apotheke gegen Höhenkrankheit verkaufte, erwies sich nach Studium des Beipackzettels als Mittel gegen Reiseübelkeit (also unbrauchbar) und Coca in homöopathischer Form war auch nicht zu bekommen. Trotzdem starteten wir 2 Tage später den 2. Versuch, legten in 3100 m Höhe irgendwo im Gelände die erste Pause mit Übernachtung ein, die zweite Nacht verbrachten wir wieder in Putre, und dieses Mal klappte es. Also stand einem weiteren Höhenanstieg nichts im Weg und wir konnten unsere Fahrt fortsetzen.
Die reizvolle Landschaft des Lauca Parks ist geprägt von schneebedeckten Bergen und Vulkanen und vielen Feuchtwiesen, die vom Schmelzwasser der Berge gespeist werden und Lebensraum vieler Vögel, Vicunjas und Guanakos sind.





In der Nähe von Ansiedlungen waren große Herden von Lamas und Alpacas zu sehen. Vicunjas und Guanakos sind die wild lebenden Andenkamele, während Lamas und Alpacas domestizierte Arten sind. Lamas werden vorwiegend als Lasttiere genutzt, Alpacas als Woll- und Fleischlieferanten.



Die schönste Stelle im Park ist wohl der Chungara See, der auf 4570 m Höhe zu Füßen des 6340 m hohen Vulkans Parinacotta liegt.



Die Einreise nach Bolivien gestaltete sich etwas schwierig. Zunächst wollte uns ein Grenzbeamter eine Strafgebühr wegen unerlaubter Einfuhr von Lebensmitteln verpassen, was Werner nach längeren Diskussionen erfolgreich abschmetterte. Schlimmer war, dass unmittelbar hinter der Grenze einer der inneren Zwillingsreifen plötzlich die ganze Luft verlor, weil die Ventilverlängerung abgerissen war. Normalerweise ist ein Reifenwechsel für Werner ja kein Problem, doch dieses Mal ging alles schief: Um den inneren Reifen zu wechseln, mussten beide Reifen abmontiert werden. Dabei sackte der Wagenheber im überraschend weichen Bankett trotz untergelegter Steine immer tiefer ein. Also musste Werner schnell ein Loch graben, um wenigstens einen Reifen wieder zu montieren, bevor die Achse aufsetzte. Der erste Ersatzreifen hatte viel zu wenig Luft und der Kompressor versagte seinen Dienst (es lag an der Höhe, wie wir später erfuhren). Werner musste deshalb den 2. Ersatzreifen unter dem Wagen hervorholen, während ich große Steine suchte als erneute Unterlage für den Wagenheber – doch ohne Erfolg. Wir mussten schließlich auf 5 Rädern bis zu einer Tankstelle fahren, wo Werner auf Betonuntergrund den letzten Reifen montieren konnte. Die ganze Aktion fand in 4300 m Höhe statt, wo die Luft doch recht dünn ist und körperliche Anstrengung eigentlich vermieden werden sollten. Dazu wehte ein eisiger Wind und als die Sonne verschwand, wurde es empfindlich kalt. Wir waren ziemlich fertig, fuhren nicht mehr weiter, weil es dunkel geworden war, und mussten die Nacht in der Höhe verbringen, was uns auch nicht gut bekam.
Gottseidank kommen nach solchen Tiefpunkten auch wieder erfreuliche Erlebnisse.
In Bolivien waren La Paz die höchst gelegene Hauptstadt der Welt (hier in den Anden gibt es jede Menge Höhensuperlative!) und der Titicacasee unsere Anlaufpunkte.


Auf der Plaza Murillo



Auf dem "Hexenmarkt"


Titicacasee


Eine Bootstour zur Sonneninsel, dem mythischen Herkunftsort der Inkas, unternahmen wir von Copacabana aus.



Dorffest auf der Sonneninsel



Schilfboot


Sehr interessant war auch im peruanischen Teil des Sees ein Besuch der schwimmenden Schilfsinseln, auf denen die Uros leben. Dorthin fahren Boote von Puno aus.













Markt in Puno

Weiter ging es über den Altiplano zu den Grabtürmen von Sillustani, den ersten Inkabauten auf unserer Reise, die uns schon einen ersten Eindruck von den gewaltigen Ausmaßen der Inkaarchitektur vermittelten.
Wir bewunderten ebenfalls die schönen Gehöfte der Kolla, Nachfahren eines Volkes, das schon vor den Inkas dort lebte. Durch ihre sorgfältig gearbeiteten Mauern aus Felsgestein unterscheiden sich diese Gehöfte von den sonst üblichen Adobe-Häusern.
Seit einigen Tagen sind wir jetzt in Cusco, der alten Inkahauptstadt, und haben wieder eine kleine Auszeit genommen. Denn obwohl wir uns seit ca. 3 Wochen in Höhen über 3500 m aufhalten und die Akklimatisierung eigentlich erfolgt sein sollte, fühlten wir uns nicht ganz wohl, so dass wir erst mal alle Aktivitäten verschoben und nur entspannt haben. Seit heute geht es wieder und wir werden in den nächsten Tagen die Überreste der Inkakultur in und um Cusco besuchen mit dem Höhepunkt Machu Picchu.
Cusco - Plaza de Armas
Cusco - Inkamauern
Darauf freuen wir uns schon, auch wenn Cusco und Machu Picchu touristische Hochburgen mit dem üblichen Rummel sind. Erfreulicherweise gibt es hier in Cusco einen guten Stellplatz auf der Wiese eines holländischen Ehepaares, oberhalb der Stadt gelegen, schön ruhig und angenehm. Die Sonne scheint und wir haben nette Gesellschaft von anderen Wohnmobilisten, so dass wir es hier gut eine Weile aushalten.

Seid alle herzlich gegrüßt von

Werner und Maite

6. Bericht aus der Neuen Welt

Ihr Lieben, liebe Freunde,

wir genießen z.Zt. einen mehrtägigen Zwangsaufenthalt in Salta, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Nordwesten Argentiniens.
Die Plaza in Salta
Es sind wieder mal die Reifen, die uns Probleme bereiten. Schon in Chile war es schwierig, Ersatzreifen in der richtigen Größe und Tragkraft zu bekommen. Schließlich konnte man uns – siehe 5. Bericht – zwei neue besorgen, obwohl wir drei gebraucht hätten. Nun ist uns hier in Salta – in der Stadt, nicht etwa auf der Piste – wieder einer kaputt gegangen und in ganz Argentinien gibt es keinen passenden Reifen, nicht mal in Buenos Aires. Beim Wechsel auf die 16 er Felge hatte der Ingenieur Werner auf Nachfrage versichert, die Reifen gäbe es überall auf der Welt. Offensichtlich liegt Südamerika auf einem anderen Planeten. Uns bleibt jetzt nichts anderes übrig als einen komplett neuen Reifensatz in einer geringfügig größeren, dafür aber gängigen Größe zu kaufen. Da wir hinten Zwillingsreifen haben, brauchen wir einschließlich 2 Ersatzreifen insgesamt 8 Stück.
So ein längerer, wenn auch ungeplanter Aufenthalt hat aber auch sein Gutes. Die vielen Eindrücke und Erlebnisse der vergangenen Wochen können sich so ein wenig setzen. Wenn man durch ständig wechselnde und immer spektakuläre Landschaften fährt, ist man irgendwann so „satt“, dass man eine kleine Pause zum „Verdauen“ gut gebrauchen kann. Und wir haben wieder reichlich zu verdauen:
Nach den Seen und Vulkanen in Chile wollten wir auch einen Teil der Küste kennen lernen. Als wir im Städtchen Constitucion einen Platz für ein paar Tage gefunden hatten, versorgte uns die örtliche Touristinfo erst mal mit Broschüren, die uns vor möglichen Tsunamis warnten und das richtige Verhalten bei Erdbeben beschrieben! Ich wusste gar nicht, dass Chile so ein gefährliches Land ist: Es drohen nicht nur Vulkanausbrüche, sondern auch Erdbeben und Monsterwellen. Gut, dass wir keine ängstlichen Gemüter sind. Von all dem blieben wir zwar verschont, doch sehr starker Wellengang und gefährliche Strömungen hinderten uns daran, im Meer zu baden. Stattdessen machten wir Strandspaziergänge und bewunderten die im Meer stehenden Felsen, die uns an die 12 Apostel in Südaustralien erinnerten





Obwohl wir ja die großen Städte nicht so lieben, wollten wir uns Santiago de Chile doch ansehen. Der nächstgelegene Campingplatz ist ca. 40 km entfernt, von dort fuhren wir mit Bus und Metro ins Zentrum der Hauptstadt. Wie fast alle südamerikanischen Städte hat auch Santiago das typische kolonialzeitliche Zentrum mit einer zentralen Plaza, von der rechtwinklig angelegte Straßen ausgehen, die ein regelmäßiges Schachbrettmuster von Quadras (Häuserblocks) formen. Wegbeschreibungen und Entfernungen werden in Quadras angegeben. Jede Quadra ist im Idealfall hundert Meter lang und wird, wie wir feststellen mussten, auch als Entfernungsmaßstab genutzt. Im Naturpark Ischigualasto (s. u.) forderte uns z. B. der Führer auf, zur nächsten Felsformation 5 Quadras zu laufen. Wir schauten uns verblüfft an, weite und breit gabs keine Straßen und keine Häuserblocks. Was er meinte ,war, wir müssten ca. 500 m laufen.
Auf der Plaza, die wie ein kleiner Park gestaltet ist, gibt es Grünflächen, Bäume, Wege und Bänke und in größeren Städten oft Brunnen und Standbilder nationaler oder lokaler Helden. Die in kolonialen Zeiten wichtigsten Gebäude einer Stadt wie Kathedrale, Gouverneurspalast und Stadtverwaltung liegen ebenfalls meistens an der Plaza. Es ist ein Ort der Ruhe und Muße mitten im hektischen Treiben. In Santiago z. B. unterhielt ein Spaßmacher eine Menschenmenge, Schachspieler saßen unter einem Pavillon vor ihren Brettern, Eisverkäufer priesen ihre Erfrischungen an, viele Leute saßen einfach entspannt auf den Bänken und genossen das schöne Wetter.






In den Fußgängerzonen stießen wir immer wieder auf junge Leute beiderlei Geschlechts, barfuß mit farbverschmierten Gesichtern, Haaren und Kleidern, die sich überdies mit einem übel nach Fisch stinkenden Zeug eingeschmiert hatten und die Passanten anbettelten. Sie hatten offensichtlich viel Spaß dabei und wir erkundigten uns nach dem Sinn und Zweck dieses Tuns. Sie seien Studenten, und es sei ein alter Brauch, zu Beginn des Semesters Geld zu erbetteln; einige sagten für eine Semesteranfangsfete, andere behaupteten, um davon Bücher zu kaufen. Na ja! Warum sie dabei zerlumpt, barfuß, dreckig und stinkend herumlaufen mussten, konnten wir nicht in Erfahrung bringen, vermutlich sollte das ihre „Armut“ demonstrieren. Ich hatte den Eindruck, dass ihnen der Spaß bei der Sache das Wichtigste war.


Natürlich mussten wir uns auch die „Moneda“, den Regierungspalast anschauen. Wenn man kurz vorher noch einmal „Das Geisterhaus“ gelesen hat, sieht man einen solchen Ort mit speziellem Interesse, wurde doch dort 1973 Salvador Allende beim Militärputsch erschossen.



Die Andenüberquerung nördlich von Santiago nach Mendoza in Argentinien war die bisher spektakulärste für uns. Kurz vor der Passhöhe auf ca. 3000 m verläuft die Straße in extrem engen und steilen Serpentinen, die eigentliche Grenze liegt mitten in einem 4 km langen Tunnel.




Am Wechsel der Beleuchtung im Tunnel merkt man, dass man in Argentinien angekommen ist: Auf chilenischer Seite leuchten 2 Reihen von Lampen rechts und links der Fahrbahn, in Argentinien leuchtet nur eine Mittelreihe an der Decke .Kurz hinter der Grenze liegt der Aconcagua, mit 6959 m der höchste Gipfel Südamerikas, sowie weitere 5- und 6- Tausender.




Die Abfahrt entlang des Rio Mendoza bietet atemberaubende Ausblocke auf Schneegipfel, vielfarbige Berghänge, tief eingeschnittene Täler und die alte Eisenbahnlinie, die als erste Argentinien mit Chile verband und deren malerisch in der Landschaft stehenden Brücken man von der Straße aus noch sehen kann.







In Mendoza, einer Stadt, deren Straßen durchgehend von dichten Platanen überwölbt sind – für Wohnmobile von 3,30 m Höhe nicht immer problemlos zu befahren – steht in einem riesigen Park ein pompöses Denkmal für den Nationalhelden General San Martin, der 1817 an gleicher Stelle wie wir die Anden überquerte, allerdings mit einem 10000 Mann starken Heer, Pferden, Ochsenkarren usw., um zusammen mit einem chilenischen Heer beide Länder von den Spaniern zu befreien. Sie brauchten nicht wie wir einige Stunden, sondern mehrere Wochen, hatten aber auch nicht so eine schöne Asphaltstraße zur Verfügung, sondern mussten sich ihren Weg selbst durch die Wildnis bahnen.





Mendoza ist die Weingegend Argentiniens, so sahen wir jetzt häufig Weinfelder und, da gerade Lese ist, viele bis obenhin mit Trauben beladene Laster. Das Wetter wurde immer wärmer, leider auch nachts, so dass wir nicht mehr so gut schliefen.
Die Semana Santa, die Osterwoche etwa von Gründonnerstag bis Ostermontag, nutzen viele Argentinier für einen Kurzurlaub in touristisch interessanten Gebieten. Wir wollten diese Zeit in einem wie wir glaubten abgelegenen kleinen Ort nördlich von San Juan verbringen, um einfach in Ruhe zu relaxen und erst nach dem Feiertagsrummel die Naturparks Ischigualasto und Talampaya zu besuchen. Als wir ankamen, war noch nicht viel los, doch dann rückte uns die einheimische Bevölkerung mit ihren Zelten und Autos immer dichter auf die Pelle. Privatsphäre ist ein Fremdwort hier. Am schlimmsten fanden wir aber ihre Vorliebe für laute Musik: Die Autotüren werden aufgerissen und das Autoradio auf volle Pulle gestellt. Von rechts hört man Popmusik, von links Folklore und von 20 m weiter weg Rock. Und dann das abendliche Grillen! Zu einer Zeit, wenn unsereiner langsam müde wird und schlafen möchte – so gegen 23 Uhr – fangen die Argentinier gerade mal an, das Feuer anzuschüren.. Bis die Glut dann so weit ist, dass das Fleisch aufgelegt werden kann und bis die verschieden Fleischsorten gar sind, dauert es ein paar Stündchen. Währenddessen unterhält man sich angeregt, lacht, stößt an und ist fröhlich, während wir „armen“ europäischen Touristen uns schlaflos im Bett wälzen und verzweifelt darauf warten, dass der Spuk endlich vorüber ist. Etwas besser wurde es für uns ab Karsamstag. Heftige Regenfälle und Gewitter schränkten die Freiluftaktivitäten der Leute erheblich ein, gleichzeitig brachten sie Abkühlung von der schwülen Hitze und wir konnten wieder schlafen.
Nach den Feiertagen standen die beiden Nationalparks Ischigualasto und Talampaya auf unserem Programm. Beide Parks sind vor allem von geologischem Interesse, liegen hier doch Gesteinsschichten aus Trias, Jura und Kreidezeit an der Erdoberfläche. In Ischigualasto, einem breiten Tal, wurden zudem die ältesten Saurierskelette der Welt gefunden und in Talampaya, einer engen Schlucht mit 150 m hohen Wänden, Felsritzungen präkolumbischer Indios. Darüber hinaus staunt man einfach nur über die Vielfalt an Farben und Formen der Felsen. Etliche wurden mit fantasievollen Namen versehen wie Sphinx, Bocciafeld, U-Boot oder Mönch, Turm und Kathedrale.




Im Park Ischigualasto


Die Sphinx


Der Turm

In der Talampaya Schlucht




Die Kathedrale


Der Mönch


Der Nordwesten Argentiniens gehört zu den ärmsten Gegenden des Landes. Ein wenig Wein- und Tabakanbau, einige Olivenplantagen und Zuckerrohrfelder, ansonsten viel karges, unfruchtbares Land und dennoch ist die Landschaft von besonderem Reiz. Immer wieder überqueren wir hier Gebirgszüge mitten durch die Wolken, die die Gipfel verhüllen, fahren durch breite Flusstäler und enge Schluchten und häufig tauchen jetzt die riesigen Kandelaber Kakteen auf.








Wir sahen Zeugnisse alter Indiokulturen, außer den schon erwähnten Petroglyphen z. B. auch die Ruinen von Quilmes, Überreste einer alte Indiofestung. Das Volk der Quilmes konnte sich hier lange gegen die Spanier behaupten, bis die letzten Familien schließlich doch gezwungen wurden, den über 1000 km langen Fußmarsch nach Buenos Aires anzutreten, den nur wenige überlebten. Noch heute heißt ein Vorort von Buenos Aires Qilmes ebenso wie das bekannteste, sehr leckere Bier des Landes. In dem kleinen Ort Amaicha del Valle besuchten wir das ganz außergewöhnliche „Museo Pachamama“, das der einheimische Künstler mit indigenen Vorfahren Hector Cruz geschaffen hat. Den Kult der Pachamama, der Mutter Erde, wie auch andere Mythen aus der Vorstellungswelt der Indios hat der Künstler in moderne Ausdrucksformen umgesetzt und in vielfarbigem Naturstein gestaltet. Außer weiteren Kunstgegenständen wie Teppichen, Gemälden, Keramiken und Skulpturen gibt es auch Informationen zur Geologie der Gegend sowie zur Lebensweise der frühen Indios. Dieser großzügig angelegte noch recht neue Museumskomplex hat uns tief beeindruckt.








Der schon erwähnte Armut des Landstrichs schrieben wir zunächst die Tatsache zu, dass die Regale in den Supermärkten immer größere Lücken aufwiesen, dass Milch, Öl, Zucker und Reis rationiert wurden und dass es überhaupt kein Fleisch mehr zu kaufen gab. Irgendwann erfuhren wir, dass im ganzen Land die Bauern streikten aus Protest gegen die drastische Erhöhung der Exportsteuern. Durch Straßenblockaden hinderten sie die LKWs daran, Lebensmittel zu transportieren und wollten so die Regierung zwingen, die Steuererhöhung zurückzunehmen. Tatsächlich gerieten wir kurz darauf in eine solche Blockade, durften aber ungehindert passieren. Inzwischen sollen sich Bauern und Regierung geeinigt haben, aber die Versorgung läuft nur langsam wieder an. Doch mach Euch um uns keine Sorgen, wir haben nicht gehungert, nur ein paar vegetarische Tage eingelegt. Heute hat es erstmals wieder Fleisch gegeben.
Nach erfolgter Reifenmontage wollen wir noch ein paar Tage die Gegend um Salta erkunden, bevor es dann über den Paso de Jama wieder nach Chile geht. Dabei werden wir Höhen bis zu 4600 m erreichen und haben schon vorsorglich Cocablätter gekauft. Ein daraus zubereiteter Tee soll gut gegen Höhenkrankheit sein.
Wie wir in Euren Emails gelesen haben hat sich der Winter in Deutschland in diesem Jahr ja so richtig ausgetobt. Wir wünschen Euch deshalb jetzt endlich schöne Frühlingstage und vielleicht wird es ja ein toller Sommer.
In Erwartung vieler vieler Berichte aus der Heimat (auch die lieben Verwandten könnten ja mal schreiben) grüßen Euch

Werner und Maite