Sonntag, 18. Mai 2008

7. Bericht aus der Neuen Welt





Ihr Lieben, liebe Freunde,

seit unserem letzten Bericht waren wir in 4 Ländern: Von Nordargentinien gings noch einmal nach Chile, es folgte ein kurzer Abstecher nach Bolivien und jetzt sind wir in Peru (Cusco).

Von Salta in Nordwest-Argentinien starteten wir zur ersten richtig hohen Andenüberquerung über den Paso de Jama mit 4600 m Höhe. Da wir über die gesundheitlichen Probleme, die in solchen Höhen auftreten können, informiert waren, wollten wir alles tun, um möglichst ungeschoren davon zu kommen. Also erste Akklimatisierung über 3 Tage in 2400 m Höhe in einem netten kleinen Dorf in wundervoller Berglandschaft (Werner musste noch eine Bronchitis auskurieren),







zweite Akklimatisierung in 3700 m Höhe, wo leichte Symptome von Höhenkrankheit auftraten (Kopfschmerzen, Atemnot, Schwindel, Benommenheit), die wir mit Cocatee bekämpften. Cocablätter kann man hier überall legal auf den Märkten kaufen. Das Überfahren der Passhöhe war dann kein Problem mehr. Der längere Aufenthalt in der Höhe – z. B. über Nacht – verursacht die gesundheitlichen Schwierigkeiten, ein kurzes Hochfahren und gleich wieder Runterfahren bleibt meistens ohne Folgen.
Die atemberaubende Landschaft entschädigt außerdem für alle Wehwehchen: Der Altiplano, eine Hochebene in 3500 bis 4000 m Höhe, überspannt von einem endlosen blauen Himmel, die schneebedeckten Gipfel der Andenkordillere am Horizont, grellweiße, ausgetrocknete Salzseen – Werner meinte, man könne sich regelrecht „besoffen“ sehen. Auch die ersten Vicunjas, die zierlicheren und eleganteren Verwandten der Guanakos tauchten auf.









Die Grenze zu Chile befindet sich in ca. 4200 m Höhe. Auf der Westseite der Anden gings dann runter in die Atacama-Wüste nach San Pedro de Atacama, einem malerischen kleinen Ort aus Adobe Häusern (Lehmziegel) in einer Flussoase. Wir besuchten einen Salzsee, auf dem 3 Flamingoarten und andere Wasservögel leben, besichtigten eine Festungsanlage aus vorinkaischer Zeit und beobachteten den Sonnenuntergang im Valle de la Luna.








Dann überquerten wir die Küstenkordillere, die steil zum Meer hin abfällt und von der Seeseite wie eine riesige 600m hohe Düne aussieht. Auf dem schmalen Küstenstreifen verläuft die Straße nordwärts, über Hunderte von Kilometern immer durch die Wüste. Die Atacama soll die trockenste Wüste der Welt sein und tatsächlich sahen wir über fast 2 Wochen nicht den kleinsten Grashalm außerhalb der wenigen Dörfer und Städte, die wir passierten.
Schön und gepflegt sind die nordchilenischen Städte Iquique und Arica. Die Stadtzentren sind mit Palmen, Kakteen, grünen Rasenflächen und blühenden Blumen bepflanzt, die täglich von städtischen Angestellten mit langen Schläuchen bewässert werden. Doch die ärmeren Viertel am Stadtrand liegen schon wieder in der Wüste.



In Iquique



Hafen von Iquique




In Arica

In Arica, der nördlichsten Stadt Chiles, hielten wir uns einige Tage auf und feierten dort auch Werners 70. Geburtstag. Über die vielen, vielen Emails hat er sich riesig gefreut. Vielen Dank nochmals an alle Gratulanten. Das Internet ist doch eine tolle Erfindung, und wir staunen immer wieder darüber, dass es in jedem noch so kleinen und abgelegenen Kaff eine Handvoll Internetzugänge gibt.


Von Arica aus erfolgte unsere zweite Andenüberquerung in großer Höhe, allerdings in 2 Anläufen. Wir wollten den Lauca Nationalpark besuchen, der zwischen 4000 und 4500 m Höhe im Nordosten Chiles an der Grenze zu Bolivien liegt. Das Problem ist, dass der einzige Ort zum Übernachten das Dorf Putre in 3500 m Höhe ist, den die steil ansteigende Straße von Arica (auf Meereshöhe) bereits nach 150 km bzw. 4 Stunden Fahrzeit erreicht.


Blick auf Putre

Vorsorglich kauften wir an einer Tankstelle ein paar kleine Flaschen mit Sauerstoff und zunächst schien alles gut zu gehen – bis auf leichte Kurzatmigkeit und etwas Benommenheit keine Probleme. Wir nahmen viel Flüssigkeit zu uns, tranken fleißig Cocatee, aßen nur eine leichte Mahlzeit (Alpakabraten mit Reis) und hatten noch ein nettes Erlebnis mit den dörflichen Behörden: Im Reiseführer wird die Tourist Info von Putre als freundlich und hilfsbereit beschrieben, was beides zutraf, doch mit Informationen über den Nationalpark konnte die nette Dame nicht dienen. Außer einem jämmerlichen Faltblatt gab es nichts. Als wir ihr unsere chilenischen Turistel- und Nationalparkführer zeigten, bekam sie Glanz in den Augen und fragte, ob sie sich die entsprechenden Seiten fotokopieren dürfe. Claro, no problema. In der Gemeindeverwaltung, wo der Fotokopierer stand, lief gerade die Liveübertragung des UEFA Cup Spiels Bayern München gegen St. Petersburg – während der Arbeitszeit im Büro!! Wir wurden herzlich eingeladen, doch zuzuschauen. Da es ein gutes und sehr spannendes Spiel war, war das wie ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk für Werner.
Nachts bekam ich dann doch Kopfschmerzen, Cocatee und Sauerstoff halfen etwas, doch wir beschlossen, noch einen weiteren Tag zur Höhenanpassung in Putre zu bleiben. Doch es funktionierte leider nicht. In der folgenden Nacht wurden Kopfschmerzen und Übelkeit so schlimm, dass wir im Morgengrauen wieder runter nach Arica fahren mussten. Mit abnehmender Höhe besserte sich mein Zustand kontinuierlich. Das Medikament, das man mir in der Apotheke gegen Höhenkrankheit verkaufte, erwies sich nach Studium des Beipackzettels als Mittel gegen Reiseübelkeit (also unbrauchbar) und Coca in homöopathischer Form war auch nicht zu bekommen. Trotzdem starteten wir 2 Tage später den 2. Versuch, legten in 3100 m Höhe irgendwo im Gelände die erste Pause mit Übernachtung ein, die zweite Nacht verbrachten wir wieder in Putre, und dieses Mal klappte es. Also stand einem weiteren Höhenanstieg nichts im Weg und wir konnten unsere Fahrt fortsetzen.
Die reizvolle Landschaft des Lauca Parks ist geprägt von schneebedeckten Bergen und Vulkanen und vielen Feuchtwiesen, die vom Schmelzwasser der Berge gespeist werden und Lebensraum vieler Vögel, Vicunjas und Guanakos sind.





In der Nähe von Ansiedlungen waren große Herden von Lamas und Alpacas zu sehen. Vicunjas und Guanakos sind die wild lebenden Andenkamele, während Lamas und Alpacas domestizierte Arten sind. Lamas werden vorwiegend als Lasttiere genutzt, Alpacas als Woll- und Fleischlieferanten.



Die schönste Stelle im Park ist wohl der Chungara See, der auf 4570 m Höhe zu Füßen des 6340 m hohen Vulkans Parinacotta liegt.



Die Einreise nach Bolivien gestaltete sich etwas schwierig. Zunächst wollte uns ein Grenzbeamter eine Strafgebühr wegen unerlaubter Einfuhr von Lebensmitteln verpassen, was Werner nach längeren Diskussionen erfolgreich abschmetterte. Schlimmer war, dass unmittelbar hinter der Grenze einer der inneren Zwillingsreifen plötzlich die ganze Luft verlor, weil die Ventilverlängerung abgerissen war. Normalerweise ist ein Reifenwechsel für Werner ja kein Problem, doch dieses Mal ging alles schief: Um den inneren Reifen zu wechseln, mussten beide Reifen abmontiert werden. Dabei sackte der Wagenheber im überraschend weichen Bankett trotz untergelegter Steine immer tiefer ein. Also musste Werner schnell ein Loch graben, um wenigstens einen Reifen wieder zu montieren, bevor die Achse aufsetzte. Der erste Ersatzreifen hatte viel zu wenig Luft und der Kompressor versagte seinen Dienst (es lag an der Höhe, wie wir später erfuhren). Werner musste deshalb den 2. Ersatzreifen unter dem Wagen hervorholen, während ich große Steine suchte als erneute Unterlage für den Wagenheber – doch ohne Erfolg. Wir mussten schließlich auf 5 Rädern bis zu einer Tankstelle fahren, wo Werner auf Betonuntergrund den letzten Reifen montieren konnte. Die ganze Aktion fand in 4300 m Höhe statt, wo die Luft doch recht dünn ist und körperliche Anstrengung eigentlich vermieden werden sollten. Dazu wehte ein eisiger Wind und als die Sonne verschwand, wurde es empfindlich kalt. Wir waren ziemlich fertig, fuhren nicht mehr weiter, weil es dunkel geworden war, und mussten die Nacht in der Höhe verbringen, was uns auch nicht gut bekam.
Gottseidank kommen nach solchen Tiefpunkten auch wieder erfreuliche Erlebnisse.
In Bolivien waren La Paz die höchst gelegene Hauptstadt der Welt (hier in den Anden gibt es jede Menge Höhensuperlative!) und der Titicacasee unsere Anlaufpunkte.


Auf der Plaza Murillo



Auf dem "Hexenmarkt"


Titicacasee


Eine Bootstour zur Sonneninsel, dem mythischen Herkunftsort der Inkas, unternahmen wir von Copacabana aus.



Dorffest auf der Sonneninsel



Schilfboot


Sehr interessant war auch im peruanischen Teil des Sees ein Besuch der schwimmenden Schilfsinseln, auf denen die Uros leben. Dorthin fahren Boote von Puno aus.













Markt in Puno

Weiter ging es über den Altiplano zu den Grabtürmen von Sillustani, den ersten Inkabauten auf unserer Reise, die uns schon einen ersten Eindruck von den gewaltigen Ausmaßen der Inkaarchitektur vermittelten.
Wir bewunderten ebenfalls die schönen Gehöfte der Kolla, Nachfahren eines Volkes, das schon vor den Inkas dort lebte. Durch ihre sorgfältig gearbeiteten Mauern aus Felsgestein unterscheiden sich diese Gehöfte von den sonst üblichen Adobe-Häusern.
Seit einigen Tagen sind wir jetzt in Cusco, der alten Inkahauptstadt, und haben wieder eine kleine Auszeit genommen. Denn obwohl wir uns seit ca. 3 Wochen in Höhen über 3500 m aufhalten und die Akklimatisierung eigentlich erfolgt sein sollte, fühlten wir uns nicht ganz wohl, so dass wir erst mal alle Aktivitäten verschoben und nur entspannt haben. Seit heute geht es wieder und wir werden in den nächsten Tagen die Überreste der Inkakultur in und um Cusco besuchen mit dem Höhepunkt Machu Picchu.
Cusco - Plaza de Armas
Cusco - Inkamauern
Darauf freuen wir uns schon, auch wenn Cusco und Machu Picchu touristische Hochburgen mit dem üblichen Rummel sind. Erfreulicherweise gibt es hier in Cusco einen guten Stellplatz auf der Wiese eines holländischen Ehepaares, oberhalb der Stadt gelegen, schön ruhig und angenehm. Die Sonne scheint und wir haben nette Gesellschaft von anderen Wohnmobilisten, so dass wir es hier gut eine Weile aushalten.

Seid alle herzlich gegrüßt von

Werner und Maite

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